Jährlich verliert Österreich ca. 4.000 landwirtschaftliche Betriebe und die Agrarstatistik zeigt klar und unmissverständlich auf, dass es vor allem die Kleinbetriebe sind, die aus der Produktion ausscheiden und deren Flächen zumeist von den übrigen Betrieben weiterbewirtschaftet werden.

Wie in der nachfolgenden Grafik dargestellt, hat sich die Zahl der Betriebe mit einer Flächenausstattung von weniger als 10 ha im Zeitraum von 1990 bis 2016 von 146.543 auf 60.285 Betriebe um mehr als die Hälfte reduziert.

Die schleichende Dramatik an dieser Entwicklung besteht darin, dass wir als Gesellschaft Gefahr laufen, unsere ländlichen Strukturen damit auf Spiel zu setzen und über kurz oder lang die Tragfähigkeit unserer Infrastrukturen unwiderruflich gefährden.

Wenn du mehr über dieses Thema wissen willst, kannst du auf den folgenden Seiten weiterlesen. Wir haben weiterführende Infos über die Ursachen, warum vor allem kleinbäuerliche Betriebe ihre Höfe aufgeben hier in einem PDF zusammengefasst.

Wer nicht so viel lesen will, kann sich auch unser erstes Waldgarten Gespräch mit einer Zusammenfassung zu diesem Thema auf unserem YouTube Kanal ansehen.

Danke und bis zum nächsten Mal!

Euer Waldgärtner
Reinhard
Geben wir der Natur ein Stück Land zurück.

 

Beitrag zur Diskussion um die Veränderungen in der Agrarstruktur in Österreich unter dem Aspekt des Sozialkapitals

Der Großteil der landwirtschaftlichen Familienbetriebe in Österreich wird im Rahmen einer innerfamiliären Hofnachfolge an die nächste Generation weiter gegeben. Wie in Kapitel 6.2.6.[1] festgehalten, haben von den an der Befragung teilnehmenden Betriebsleiter/innen 16,2% der Befragten angegeben, dass sie ihre Hofnachfolge noch nicht festgelegt und auch keine/n Hofnachfolger/in in Aussicht haben. Im Rahmen dieses Diskussionsbeitrages soll der Blick auf jene Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter gerichtet werden, denen aus unterschiedlichen Gründen heraus die Weitergabe ihrer Betriebe an die nachfolgende Generation verwehrt geblieben ist.

Die Veränderungen in der Agrarstruktur zeigen eine Entwicklung, die unter dem Begriff des Strukturwandels in der Landwirtschaft seit Jahrzehnten in Österreich und auch innerhalb der Europäischen Union sowie in zahlreichen anderen, industrialisierten Ländern feststellbar ist. In diesem Beitrag soll einerseits aufgezeigt werden, welche Betriebe in Österreich vorwiegend still gelegt werden, welche Ursachen hinter der Entscheidung zur Betriebsaufgabe liegen und in weiterer Folge soll die Frage beantwortet werden, wie weit die Wirkung des Sozialkapitals einen Einfluss auf die Veränderung der Agrarstruktur in Österreich hat.

Die Hofnachfolge, bzw. die Tatsache, dass Betriebsleiter/innen keine Hofnachfolger/innen finden, ist eine zentrale Ursache, durch die landwirtschaftliche Betriebe still gelegt werden. Nicht nur die diesbezüglichen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit (siehe Kapitel 6.2.8.) und die Ergebnisse der in Kapitel 3. zitierten Arbeiten, beispielsweise GROIER (2004), WEISS (2006) und QUENDLER et.al. (2015) bestätigen die Annahmen, dass der Großteil der Betriebsauflösungen mit dem bzw. kurz nach dem Erreichen des Pensionsantrittsalters der Betriebsleiter/innen erfolgt. Die manchmal plakativ als „Bauernsterben“ dargestellte Entwicklung in der Agrarstruktur in Österreich ist in dieser Hinsicht ein leises, auf den ersten Blick unauffälliges, Ausscheiden im Sinne eines Übergleitens in die Welt des Ruhestandes.

Um jenen Betrieben, die im Hofnachfolgeprozess keine Nachfolger/innen gewinnen können, ein Gesicht zu geben und sie auf eine gewisse Art zu personalisieren, genügt ein Blick in die Agrarstatistik. Diese weist im „Grünen Bericht“ 2016 (BMLFUW, 2016, S. 58) in Österreich vor allem einen Rückgang bei den Klein- und Kleinstbetrieben aus. So haben im Zeitraum zwischen 1995 und 2013 von den Betrieben unter zwei Hektar 50,9% ihre Bewirtschaftung aufgegeben. Bei den Betrieben von zwei bis unter fünf Hektar waren es im selben Zeitraum 43,1% und von den Betrieben mit einem  bewirtschafteten Flächenausmaß von fünf bis unter zehn Hektar legten im genannten Zeitraum immerhin noch 36,5% der Betriebsleiter/innen ihre Betriebe still. Ein weiteres Charakteristikum der ausscheidenden Betriebe findet sich in der Erwerbsform. Im Vergleich zwischen der Agrarstrukturerhebung der Jahre 1995 (BMLF, 1996, S. 49) und 2013 (BMLFUW, 2016, S. 58) verringerte sich der Anteil der Nebenerwerbsbetriebe in Österreich von 66,0%  auf 55,1% wohingegen die Zahl der Haupterwerbsbetriebe in diesem Zeitraum von knapp unter 34 % leicht auf 37,3% anstieg. Diese Entwicklung konnte in den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit ebenfalls nachgewiesen werden, indem Nebenerwerbsbetriebe deutlich seltener eine gesicherte Hofnachfolge aufweisen als ihre im Haupterwerb wirtschaftenden Berufskolleg/innen  (siehe Kapitel 6.2.8.1.).

Die zweite Frage dieses Beitrages betrifft die möglichen Ursachen der Betriebsaufgaben. Wenngleich viele der zugrundeliegenden Ursachen für eine Betriebsauflösung im Bereich der persönlichen Lebensumstände liegen und diese persönlichen Ursachen viel eher mit qualitativen Analysen sichtbar gemacht werden können, so gelingt es auch mit quantitativen Ansätzen auf grundsätzliche Ursachen für Betriebsaufgaben hin zu weisen.

Aufgrund der gemeinsamen agrarpolitischen Zielsetzung seitens der Europäischen Union und ihrer Mitgliedsländer herrscht in der gegenwärtigen europäischen Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe, vor allem durch die flächenbezogene und produktionsbezogene Verteilung der öffentlichen Gelder, ein Trend zur Vergrößerung landwirtschaftlicher Betriebe, der durch zusätzliche Skaleneffekte, wie beispielsweise der Fixkostendegression, noch weiter verstärkt wird. (vgl. SCHNEEBERGER, 2014) Durch diese ungleiche und vielfach direkt einkommenswirksame Verteilung öffentlicher Gelder können kleinere Betriebe nicht ausreichend Einkommen generieren und schließen sehr häufig aus wirtschaftlichen Gründen ihre Betriebe. Die Analyse der Verteilung der Ausgleichszahlungen und Prämien für die Landwirtschaft zeigt, dass kleinere Betriebe einen wesentlich geringeren Anteil an öffentlichen Geldern erhalten wie Betriebe mit größerer Flächenausstattung. SCHNEEBERGER (2014, S. 159) analysiert diesbezüglich die Daten des österreichischen Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (INVEKOS) aus dem Jahr 2012 und unterteilt in landwirtschaftliche Betriebe, die weniger als € 5.000,- an jährlichen Prämien erhalten und in Betriebe mit einem Prämienanteil von über € 50.000,-. In die erste Gruppe fallen 35,8% der österreichischen, landwirtschaftlichen Betriebe. Sie erhalten einen Anteil von 6,3% des Gesamtbetrages an öffentlichen Geldern. Dem gegenüber stehen 1,9% der landwirtschaftlichen Betriebe, die mehr als  € 50.000,- an öffentlichen Geldern in Anspruch nehmen konnten. Ihr Anteil am Gesamtbetrag an öffentlichen Geldern beträgt 12,8%. Speziell die direkt einkommensbildende Wirkung der öffentlichen Gelder führt zu einer unverhältnismäßig hohen Bevorzugung größerer Betriebe. SINABELL (2013) weist für die Jahre 2007 bis 2012 einen Anteil der öffentlichen Gelder am gesamten Faktoreinkommen bezogen auf eine Jahresarbeitseinheit in Höhe von 62,3% bis 86,8% aus. Das Faktoreinkommen umfasst dabei neben den Einkommen aus unselbständiger und selbständiger Arbeit auch Gewinne, Pachten und Schuldzinsen. Diesen einkommensbildenden Effekt der öffentlichen Gelder untersucht unter anderem auch HOFSTÄTTER (2008) in seiner Arbeit zur Erforschung der Auswirkungen von Betriebsgrößenwachstum auf den Betriebserfolg und die Arbeitsproduktivität in Marktfruchtbetrieben. Darin werden drei Modellbetriebe im Nordöstlichen Flach- und Hügelland hinsichtlich ihrer Betriebserfolge bewertet. Alle drei Betriebe sind viehlose Marktfruchtbetriebe. Ein Betrieb bewirtschaftet 25 ha, der zweite Betrieb 80 ha und der dritte Betrieb 200 ha. „Der größere Betrieb erreicht mit einem Betriebsergebnis von 152.789 € im Vergleich zum kleineren Betrieb mit 6.693 € ein Ergebnis, welches fast um das 23-fache höher ist. Im Vergleich dazu ist die Flächenausstattung nur achtmal so hoch.“ (HOFSTÄTTER, 2008, S. 60f) Als maßgebliche Ursachen für diese unterschiedlichen Betriebsergebnisse werden unter anderem das flächenbezogene Ausgleichszahlungs- und das derzeit geltende Sozialversicherungssystem genannt, die beide auf eine überproportionale Begünstigung größerer Betriebe abzielen.


[1] Die im Artikel angegebenen Kapitelverweise beziehen sich auf die Dissertation:
ENGELHART, R. (2017): „Sozialkapital und Hofnachfolge in bäuerlichen Betrieben – eine empirische Untersuchung im Bezirk St. Pölten“, Universität für Bodenkultur, Wien

Auch mit dem in der vorliegenden Arbeit verwendeten Fragebogen kann die Suche nach den Ursachen, warum Klein- und Kleinstbetriebe sowie Nebenerwerbsbetriebe seltener eine gesicherte Hofnachfolge aufweisen und daher häufiger von Betriebsaufgaben betroffen sind, in mehrerer Hinsicht erfolgen. Einerseits kann die Zufriedenheit in Bezug auf die wirtschaftliche bzw. allgemeine Berufszufriedenheit abgefragt werden. Andererseits kann über die Einschätzung der langfristigen Überlebensfähigkeit ein Zusammenhang mit der Erwerbsart und der Betriebsgröße dargestellt werden. Der vorliegende Datensatz liefert zu diesen Fragen folgendes Ergebnis: bezogen auf die wirtschaftliche Zufriedenheit gibt es einen hoch signifikanten Unterschied (p<0,01) zwischen Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben. Die Frage: „Wie sehr sind Sie mit der wirtschaftlichen Situation Ihres Betriebes zufrieden?“ beantworten 8,9% der Haupterwerbsbetriebe aber nur 2,5% der Nebenerwerbsbetriebe mit „sehr zufrieden“. „Sehr unzufrieden“ mit der wirtschaftlichen Situation des Betriebes sind hingegen nur 4,2% der Haupt-  aber 11,5% der Nebenerwerbsbetriebe. Betrachtet man den zuvor beschriebenen Zusammenhang zwischen der einkommensbildenden Wirkung der öffentlichen Gelder und der Betriebsgröße, so zeigt sich auch im Untersuchungsgebiet, dass Nebenerwerbsbetriebe viel häufiger Betriebe mit geringer Flächenausstattung bewirtschaften als Haupterwerbsbetriebe. Lediglich 4,4% der Haupterwerbsbetriebe weisen eine Flächenausstattung von bis zu zehn Hektar auf, andererseits fallen in diese Gruppe jedoch 30,7% der Nebenerwerbsbetriebe. Andererseits bewirtschaften 24,3% der Haupterwerbsbäuerinnen und -bauern Betriebe mit mehr als 50,0 ha, jedoch nur 4,3% der Nebenerwerbsbetriebe. Es liegt somit der Schluss nahe, dass die geringere Bereitschaft zur Hofnachfolge und damit einher gehend eine größere Wahrscheinlichkeit zur Betriebsauflösung bei Nebenerwerbsbetrieben durch einen maßgeblichen Anteil an mangelnder Einkommensbildung und daraus resultierend an mangelnder wirtschaftlicher Zufriedenheit resultiert. Bei der Berechnung des Zusammenhanges zwischen der wirtschaftlichen Zufriedenheit der Betriebsleiter/innen mit der Betriebsgröße zeigt sich darüber hinaus ein signifikanter (p<0,05) Unterschied dahingehend, dass in der Gruppe der Betriebe unter zehn Hektar kein/e einzige/r Befragte/r mit der wirtschaftlichen Situation sehr zufrieden ist, jedoch 18,3% der Betriebsleiter/innen von Betrieben über 50 ha mit ihrer wirtschaftlichen Situation sehr zufrieden sind. Nun mag die Zufriedenheit bzw. die Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Situation des Betriebes vielfältige Gründe haben. Einerseits kann die Zufriedenheit mit der wirtschaftlichen Situation des Betriebes bei Nebenerwerbsbetrieben darunter leiden, dass aufgrund der mehrfachen beruflichen Tätigkeiten bestimmte ertragssteigernde Tätigkeiten nicht termingerecht erfolgen können und dies den Betriebserfolg schmälert. Diese möglichen Ertragseinbußen reichen aber als Erklärung für eine derartig unterschiedliche Einkommenssituation, wie sie HOFSTÄTTER (2008) darstellt, nicht aus. Es darf mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die geringere wirtschaftliche Zufriedenheit bzw. die höhere Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Situation bei den Klein- und Kleinstbetrieben und auch bei den Nebenerwerbsbetrieben durch die offensichtliche Benachteiligung im derzeitigen agrarpolitischen System begründet liegt. Ergänzend zur wirtschaftlichen Zufriedenheit wurde im Fragebogen auch die Berufszufriedenheit abgefragt. Auf das Statement: „Ich bin mit meiner Berufswahl (Landwirt/in) zufrieden.“ antworteten 70,4% der Haupterwerbsbetriebe mit voll bzw. eher zufrieden, aber nur 48,0% der Nebenerwerbsbetriebe. Unzufrieden bzw. eher unzufrieden sind dem gegenüber 7,4% der Haupterwerbsbetriebe und 17,9% der Nebenerwerbsbetriebe. Dadurch ergibt sich eine statistisch höchst signifikante (p<0,001) Abweichung, die den Umstand erläutert, dass Betriebsleiter/innen von Nebenerwerbsbetrieben häufiger mit ihrer landwirtschaftlichen Berufswahl unzufrieden sind als Betriebsleiter/innen im Haupterwerb. Der Zusammenhang zwischen der Berufszufriedenheit und der Betriebsgröße zeigt ein ähnliches Bild. Mit einem höchst signifikanten Unterschied bezeichnen 13,6% der Betriebe unter zehn Hektar ihre Berufszufriedenheit als nicht zutreffend, aber kein/e einzige/r Betriebsleiter/in mit einem Betrieb über 50 ha gibt eine nicht zutreffende Antwort auf die Frage nach der Berufszufriedenheit. Da die Berufszufriedenheit der Betriebsleiter/innen jedoch, wie auch bei FASTERDING (1995) nachgewiesen, einen maßgeblichen Einfluss auf die Hofnachfolge hat, verwundert es nicht, dass Nebenerwerbsbetriebe seltener Hofnachfolger/innen aufweisen als Haupterwerbsbetriebe. Weiters kann auch die Einstellung zur Überlebensfähigkeit des Betriebes Rückschlüsse auf die Situation der Hofnachfolge geben. Sie gilt als Maß für die Selbsteinschätzung der Betriebsleiter/innen und es darf vorweg die Annahme getroffen werden, dass Betriebe, denen seitens der Betriebsleitung keine langfristige Überlebensfähigkeit zugetraut wird, auch seltener festgelegte bzw. in Aussicht stehende Nachfolger/innen aufweisen. Diese Annahme kann mit dem vorhandenen Datensatz bestätigt werden. Mit höchst signifikanten Abweichungen gibt es hinsichtlich der Einschätzung der langfristigen  Überlebensfähigkeit des Betriebes Unterschiede zwischen Nebenerwerbs- und Vollerwerbsbetrieben. Auf das Statement „Unser Betrieb ist langfristig überlebensfähig“ antworten 20,7% der Vollerwerbsbetriebe aber nur 4,0% der Nebenerwerbsbetriebe mit der Antwort „trifft voll zu“. Demgegenüber verneinen 38,4% der Nebenerwerbsbetriebe, aber nur 14,1% der Vollerwerbsbetriebe diese Aussage. Anhand des Chi-Quadrat-Tests ist diese Analyse mit einer Fehlerwahrscheinlichkeit von unter 0,1% (p<0,001) abgesichert. Mit der gleichen Fehlerwahrscheinlichkeit und damit mit höchster Signifikanz sprechen einerseits lediglich 4,5% der Betriebsleiter/innen von Betrieben unter zehn Hektar ihren Betrieben eine langfristige Überlebensfähigkeit voll zu, aber andererseits vertreten 45,9% der Betriebsleiter/innen von Betrieben über 50 ha die Überzeugung, dass die langfristige Überlebensfähigkeit ihrer Betriebe voll zutrifft. Darüber hinaus zeigt auch das Ergebnis der multivariaten Analyse in Kapitel 6.2.10. eindeutig, dass die Einschätzung der langfristigen Überlebensfähigkeit des Betriebes einen maßgeblichen Einfluss auf die Höhe der Gesamtwahrscheinlichkeit einer gesicherten Hofnachfolge hat. Im Rahmen der Analyse der Einschätzung zur Überlebensfähigkeit der bewirtschafteten Betriebe fällt auf, dass mit den genannten 38,4% an Nebenerwerbsbetrieben, die sich selbst keine langfristige Überlebensfähigkeit einräumen, deutlich mehr Nennungen in Richtung Betriebsaufgabe weisen, als dies bei der Beantwortung der Frage nach einer gesicherten Hofnachfolge der Fall ist. Hier geben lediglich 25,6% der Betriebsleiter/innen von Nebenerwerbsbetrieben an, dass die Hofnachfolge weder gesichert ist, noch ein/e bestimmte/r Hofnachfolger/in in Aussicht steht. Bei den 12,8% Nebenerwerbsbetrieben in der Befragung, die ihren Betrieben keine langfristige Überlebensfähigkeit einräumen aber zumindest eine/n Hofnachfolger/in in Aussicht haben, dürfte wohl die Hoffnung auf eine zukünftige Änderung des agrarpolitischen Ausgleichszahlungssystems einer der Gründe für eine Hofübergabe sein. Diese Hoffnung wird unter anderem von einer zentralen Erkenntnis des Weltagrarberichtes der UNO genährt, der sich zum Schutz der bäuerlichen Klein- und Kleinstbetriebe für eine Änderung bzw. Neuausrichtung der agrarpolitischen Zahlungsmechanismen ausspricht. Die Empfehlung des Weltagrarberichtes läuft dabei, auch in Kenntnis der schwierigen, politischen Entscheidungen, vor allem auf eine Neuausrichtung der agrarpolitischen Zahlungsmechanismen bei den Umweltschutzleistungen in Richtung einer besseren Unterstützung von landwirtschaftlichen  Kleinbetrieben hinaus: „New payment mechanisms for environmental services by public and private utilities such as catchment protection and mitigation of climate change effects are of increasing importance and open new opportunities for the small-scale farm sector“. (IAASTD, 2008, S. 16-17) Sollte sich diese Empfehlung durchsetzen, könnte der Strukturwandel in der Landwirtschaft mit großer Wahrscheinlichkeit im Sinne der Erhaltung von Klein- und Kleinstbetrieben verändert werden. Abschließend soll mit der dritten Frage des Beitrages der Zusammenhang zwischen der Wirkung des Sozialkapitals und der Veränderung in der Agrarstruktur beleuchtet werden. Basierend auf einer repräsentativen Umfrage zur Situation der landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich aus den Jahren 2008 bis 2014 und einer zusätzlichen Befragung im März 2016 (vgl. MAYR, 2016) sowie unter wissenschaftlicher Begleitung durch das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (SINABELL, 2016) initiierte die Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ) einen Strategieprozess, indem unter anderem die österreichischen Landwirt/innen anhand einer Analyse in sechs Typen unterteilt wurden. (vgl. LKÖ, 2016) Unterschieden wird darin zwischen den „Wachstumsgetriebenen“, die in Summe ca. 13% der Landwirtinnen und Landwirte repräsentieren und die sich durch Wachstums-, Spezialisierungs-, Intensivierungs- und Automatisierungsstrategien auszeichnen. Daneben gibt es in einem Ausmaß von 21% die „Kämpfer“ mit ihren Kostensenkungs- und Spezialisierungsstrategien, die „Etablierten“ im Ausmaß von 17% mit Direktvermarktungsstrategien und der Strategie der Produktion von Sonderkulturen, in weiterer Folge die „engagierten Kleinbauern“ ebenfalls im Ausmaß von 17% mit Nebenerwerbs- und Direktvermarktungsstrategien und letztlich die „Aussteiger“ im Ausmaß von 15% und die „Perspektivenlosen“ im Ausmaß von 17% mit Extensivierungs- und Ausstiegsstrategien. Fasst man nun im Sinne des Beitrages zur Diskussion um die Veränderungen in der Agrarstruktur unter dem Aspekt des Sozialkapitals diese sechs Typen von Landwirt/innen in zwei Gruppen zusammen, nämlich in die eine Gruppe von Landwirt/innen, die vom derzeitigen agrarpolitischen System der Ausgleichszahlungen überproportional profitieren und in eine zweite Gruppe, die durch das derzeitige Ausgleichszahlungssystem in deutlich geringerem Ausmaß profitieren, so zeigt sich folgendes Bild: mit 34% sind jene Landwirt/innen aus den Bereichen der „Wachstumsgetriebenen“ und der „Kämpfer“ mit etwas mehr als einem Drittel deutlich in der Minderheit, profitieren aber ungleich mehr vom derzeitigen agrarpolitischen System. Es drängt sich dabei die Frage auf, wie weit die Gruppe der „Profiteur/innen“ vom derzeitigen agrarpolitischen System durch die Anwendung der Mechanismen des Sozialkapitals im Sinne einer Nutzung von individuellen und gemeinschaftlichen Ressourcen ihren Einfluss geltend machen, um auf diese Weise im Sinne einer Einflussnahme auf die Gestaltung der agrarpolitischen Rahmenbedingungen in Form von Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien ihr soziales Kapital beispielsweise über den Weg der Ausgleichszahlungen in ökonomisches Kapital verwandeln. Hinter dieser Frage steht  die Annahme, dass die agrarpolitischen Funktionärinnen und Funktionäre der einzelnen gesellschaftspolitischen Einflussebenen ihre Funktion auch dahingehend nutzen, um die jeweiligen Gesetze, Verordnungen und Richtlinien in eine, ihrem Eigennutzen und dem Nutzen ihrer Gruppe passende Richtung zu beeinflussen. Sollte diese Annahme zutreffen, wäre dies ein gutes Beispiel für die Wirkung der dunklen Seite des Sozialkapitals, die in Kapitel 2.1. dargestellt wurde. In diesem Sinne würden die bäuerlichen Funktionärinnen und Funktionäre nicht als Vertreter/innen der Gesamtheit der Bauernschaft betrachtet werden können, sondern als Interessensvertreter/innen ihrer jeweiligen spezifischen Gruppe. Dadurch würde sich zu einem guten Teil die Entwicklung der agrarpolitischen Rahmenbedingungen hin zu einer Bevorzugung eines Teils der landwirtschaftlichen Betriebe erklären. SCHERMER und KIRCHENGAST (2006, S. 50) argumentieren diesen Aspekt folgendermaßen: „Es gibt also nicht eine Zukunft der Landwirtschaft, sondern Zukünfte, die von unterschiedlichen Bauern/Bäuerinnengruppen verschieden genutzt werden. Es gibt auch nicht „den Bauern“ bzw. „die Bäuerin“, selbst wenn wir von vorherrschenden bäuerlichen Familienbetrieb ausgehen, sondern eine Reihe unterschiedlicher Lebensentwürfe und Werthaltungen, die teilweise um die gesellschaftliche Unterstützung konkurrieren und unterschiedliche Ansätze verfolgen, um mit den derzeitigen und künftigen Rahmenbedingungen umzugehen und auf diese erfolgreich zu reagieren.“ Hinsichtlich der Wirkung des Sozialkapitals konnte in Kapitel 6.2.11. der Nachweis erbracht werden, dass Betriebsleiter/innen, die langfristig eine Ausweitung des Produktionsumfanges planen, eine signifikant geringere Ausprägung beim Sozialkapitalfaktor „Verbundenheit innerhalb der Bauernschaft“  aufweisen und dieser Zusammenhang sich mit großer Wahrscheinlichkeit dadurch erklärt, dass Betriebsleiter/innen, die gemäß der Typologie des Strategieprozesses der Landwirtschaftskammer Österreich (vgl. LKÖ, 2016) zu den „Wachstumsgetriebenen“ bzw. zu den „Kämpfern“ zählen, ihre Wachstums- bzw. Intensivierungsstrategien auf Kosten jener Betriebe verwirklichen, die durch Aufgabe ihrer Betriebe aus den Produktionsprozess ausscheiden. Im Beitrag zur Diskussion um die Veränderung der Agrarstruktur unter dem Aspekt des Sozialkapitals gilt es an dieser Stelle festzuhalten, dass die zuvor dargestellte Erschwernis in der Bewirtschaftung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe vor allem durch die Rahmenbedingungen in der Gestaltung des landwirtschaftlichen Ausgleichszahlungssystems begründet liegt. Im Sinne der Sozialkapitaltheorie darf die Annahme getroffen werden, dass die spezifische Gruppe von Bäuerinnen und Bauern aus dem Kreis der „Wachstumsgetriebenen“ und „Kämpfer“ ihren Einfluss durch die Ausübung von Funktionen in den unterschiedlichsten gesellschaftspolitischen Gremien nutzt, um die agrarpolitischen Rahmenbedingungen zu ihren Gunsten zu gestalten. Diese Annahme würde jedoch voraussetzen, dass die Funktionärinnen und Funktionäre der genannten spezifischen Gruppe in den jeweiligen Gremien überproportional besetzt wären bzw. durch ihre Vernetzung und ihre sozialen Beziehungen maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen ausüben. Die Höhe der Wirkung des Sozialkapitals, die sich durch die Einflussnahme von Funktionärinnen und Funktionären auf die Gestaltung der agrarpolitischen Rahmenbedingungen ergibt, kann mit dem vorhandenen Datenmaterial nicht berechnet werden. Unter dem Aspekt der in Kapitel 6.2.10. beschriebenen Mosaik- bzw. Bündelthese darf jedoch die Annahme getroffen werden, dass die genannte Einflussnahme als Ganzes betrachtet wiederum Teil von etwas größerem Ganzen ist und die Entwicklung der gesetzlichen und gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen in Bezug auf die Agrarstruktur von zahlreichen anderen Einflussfaktoren, wie beispielsweise der großen Zahl an Mitarbeiter/innen der institutionellen Einrichtungen auf regionaler und überregionaler Ebene und der daraus resultierenden Vernetzung und Nutzung sozialer Ressourcen abhängig ist. Berechnet und mit quantitativen Analysemethoden nachgewiesen werden kann hingegen der Zusammenhang zwischen den gegenwärtigen agrarstrukturellen Rahmenbedingungen und der deutlich geringeren Hofnachfolge bei Nebenerwerbsbetrieben und bei Klein- und Kleinstbetrieben. Die Tatsache, dass Betriebsleiter/innen von Nebenerwerbs- bzw. von Klein- und Kleinstbetrieben deutlich seltener ehrenamtliche Funktionen ausüben und in weiterer Folge dadurch eine geringere Einflussnahme auf die Gestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen inne haben, darf als Beispiel der Wirkung des Sozialkapitals dienen. Die daraus resultierende Konsequenz in Form einer geringeren Wahrscheinlichkeit einer gesicherten Hofnachfolge dieser bäuerlichen Betriebe spiegelt die Bedeutung des Sozialkapitals für den Prozess der Hofnachfolge wieder und ist darüber hinaus ein Spiegelbild unserer gesellschaftlichen Werthaltung, in der all jene Personen und Gruppen, denen es aus den unterschiedlichsten Gründen heraus nicht gelingt, ihre Anliegen und Bedürfnisse mit der gebotenen Lautstärke zu artikulieren, soziale Marginalisierung in Kauf nehmen müssen. Autor: Reinhard Engelhard

Literatur:

BUNDESMINISTERIUM FÜR LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT (1997):  „Grüner Bericht
1996 – Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft  1996“, 38. Auflage, Wien

BUNDESMINISTERIUM FÜR LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT, UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT (2016): „Grüner Bericht 2016 – Bericht über die Situation der österreichischen Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2015“, 57. Auflage, Wien

FASTERDING,F. (1995): „Hofnachfolge in Westdeutschland“, Landbauforschung Völkenrode,
45.Jahrgang, Heft 1

GROIER, M. (2004): „Wachsen und Weichen – Rahmenbedingungen, Motivationen und Implikationen von Betriebsaufgaben in der österreichischen Landwirtschaft“, in: Ländlicher Raum 6/2004, Onlinefachzeitschrift des BMLFUW, Wien

HOFSTÄTTER, C. (2008):  „Auswirkung von Betriebsgrößenwachstum auf den Betriebserfolg und die Arbeitsproduktivität in Marktfruchtbetrieben“, Diplomarbeit am Institut für Agrar- und Forstökonomie, Universität für Bodenkultur, Wien

IAASTD, (2008): International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development „Agriculture at a Crossroads – Summary for Decision Makers of the Global Report,  Johannesburg, South Africa

Landwirtschaftskammer Österreich (2016): „Agrarischer Ausblick Österreich 2025 – Ergebnisse des Strategieprozesses, August 2016“ Wien, S. 15-24

MAYR, J. (2016): „Stimmungsbarometer der Österreichischen Landwirte 2013“ abrufbar unter: http://shop.keyquest.at/epages/es729496.sf/de_AT/?ObjectPath=/Shops/es729496/Categories/Agrar_Studien“ , letzter kontrollierter Zugriff am 17.3.2017

QUENDLER, E., BRÜCKLER, M. u. RESL, T. (2015): „ Außerfamiliäre Hofübergabe in Österreich – Bedarfsstudie für eine Informations- und Bildungsoffensive basierend auf österreichweiten Befragungen von LandwirtInnen“ AWI – Bundesanstalt für Agrarwirtschaft, Wien

SCHERMER, M. und KIRCHENGAST, C. (2006): „Perspektiven für die Berglandwirtschaft“ in: „alpine space – man & environment, vol. 1: Die Alpen im Jahr 2020“, Innsbruck University Press, S. 41-56)

SCHNEEBERGER,W.(2014):“Strukturentwicklung und Einkommenssituation der österreichischen Landwirtschaft“ erschienen in SCHMID, E. und VOGEL, S. (Hrsg.): „The Common Agricultural Policy in the 21st Century“ Facultas; Wien; 2014 (S. 149 – 168)

SINABELL, F. (2013): “Das Einkommen in der Land- und Forstwirtschaft aus einem neuen Blickwinkel –Ergebnisse von Haushaltsbefragungen“ in „Ländlicher Raum – Ausgabe 03/2013“; Online Fachzeitschrift des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft; Wien; S. 2

SINABELL, F. (2016): „Österreich 2025 – Perspektiven für Österreichs Landwirtschaft bis 2025“, WIFO Monatsberichte 89(12)

WEISS, F.(2006): „Bestimmungsgründe für die Aufgabe/Weiterführung landwirtschaftlicher Betriebe in Österreich“, Diskussionspapier DP-14-2006, Institut für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Universität f. Bodenkultur, Wien